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Fachartikel: Integrierte Instandhaltungsplanung

Höhere Performance und geringere Kosten von technischen Anlagen durch eine langfristige Sicherung von Ressourcen.

Autor: Michael Zangl, Business Development Manager bei Orianda Solutions AG - a valantic company

Vermutlich ist es nur folgerichtig, dass ausgerechnet in unserer Welt voller Ungewissheiten die Planung immer mehr in den Fokus von Unternehmen rückt. Denn nur durch „die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns durch Abwägen verschiedener Handlungsalternativen und Entscheidungen für den günstigsten Weg“ – so hat der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Günter Wöhe Planung definiert – ist es überhaupt noch möglich, zumindest ein wenig festen Boden unter die Füsse zu bekommen und den vielen Unwägbarkeiten nicht vollständig ausgeliefert zu sein. Die Engpässe entlang der globalen Lieferketten und der Fachkräftemangel haben in den zurückliegenden Jahren sehr deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, zu planen und knappe und wertvolle Ressourcen zu sichern. Und wie herausfordernd das ist!

Auch im Kontext der Instandhaltung beobachten wir seit einiger Zeit ein zunehmendes Engagement. Das bezieht sich bislang vor allem auf die kurzfristige Planung, die etwa den Zeithorizont der nächsten acht Wochen umfasst und auf konkrete Instandhaltungsaufträge abzielt. Noch nicht so sehr auf der Agenda der Unternehmen sind dagegen die mittelfristige (ab ca. acht Wochen) und die langfristige (ab einem Jahr) Instandhaltungsplanung. Das mag daran liegen, dass in der Wahrnehmung der Verantwortlichen eine missglückte gedankliche Vorwegnahme keine grossen negativen Konsequenzen hat. Und bis jetzt ist es ja auch immer gut gegangen. Ob das auch in Zukunft so sein wird, ist fraglich.

Ziele, Bedarfe, Ressourcen

Unabhängig vom Zeithorizont ist das Ziel der Instandhaltungsplanung, die richtigen Ressourcen und Materialien bereitzustellen, um die erforderlichen Instandhaltungsmassnahmen zur richtigen Zeit auf die richtige Weise durchzuführen. Das trägt zu einer hohen Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Assets bei. Neben dieser Effektivitätsdimension (die richtigen Dinge tun) gibt es noch eine Effizienzdimension (die Dinge richtig tun): Die verfügbaren Mitarbeitenden, Fahrzeuge, Werkzeuge und Materialien sowie Dienstleister sollen möglichst optimal genutzt werden. Auf der einen Seite die Mean Time To Repair (MTTR) zu senken sowie die Mean Time Between _Failures (MTBF) zu erhöhen und auf der an deren Seite die Instandhaltungs- und Lagerhaltungskosten zu minimieren, ist die hohe Planungskunst. Während bei der kurzfristigen Planung die im Unternehmen vorhandene Ressourcen und Materialien disponiert werden, geht es bei der mittelfristigen und langfristigen Instandhaltungsplanung darum, ausgehend von den künftigen Bedarfen die notwendigen Ressourcen und Materialien im Unternehmen vorzuhalten und dafür das erforderliche Budget einzuplanen: Mitarbeitende müssen rekrutiert, gebunden und weiterqualifiziert, Werkzeuge und Maschinen beschafft und reserviert sowie externe Dienstleister beauftragt werden. Das klingt trivial – ist aber wegen des enormen Wandels in nahezu allen Bereichen ziemlich anspruchsvoll.

Gleichung mit vielen Unbekannten

In der Gegenwart ist nicht unbedingt klar, welche Bedarfe in Zukunft tatsächlich bestehen. Zwar lassen sich ausgehend von der jeweiligen Instandhaltungsstrategie die Bedarfe extrapolieren. Dafür ist allerdings eine sehr gute Datenbasis zu zurückliegenden Instandhaltungstätigkeiten, gegenwärtigen Wartungsplänen und dem aktuellen Zustand der Anlagen erforderlich. In vielen Unternehmen ist das noch keine Realität. Hinzu kommt: Häufig werden Komponenten, die im Zuge der Instandhaltung ersetzt werden, intern oder extern aufgearbeitet oder gefertigt. Diese «Sekundärbedarfe» müssen ebenfalls bei der Instandhaltungsplanung berücksichtigt werden, was die Komplexität zusätzlich erhöht.

Ein weiterer Faktor ist, dass sich das bestehende Anlagenportfolio mit der Zeit ändert. Existierende Anlagen und Maschinen werden modifiziert oder anders eingesetzt. Neue Maschinen und Anlagen, an denen Instandhaltungsmassnahmen durchgeführt werden müssen, kommen hinzu. Und hier hat sich in den zurückliegenden Jahren einiges getan. Fast alle neuen Assets haben relevante digitale Komponenten, die ganz andere Instandhaltungsmassnahmen erfordern als mechanische oder elektrische Bestandteile. Dies hat sowohl Auswirkungen auf die durchzuführenden Instandhaltungstätigkeiten als auch die Anforderungen an das Qualifikationsprofil der Instandhaltungsmitarbeitenden und externen Dienstleister.

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Michael Zangl

Business Development Manager

Telefon: +41 71 669 33 50
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Die Herausforderung bei der langfristigen Instandhaltungsplanung ist, all diese Einflüsse rechtzeitig zu berücksichtigen und entsprechende Massnahmen frühzeitig einzuleiten. Das Wissen um diese Einflussfaktoren ist in Unternehmen auf verschiedene Personen verteilt, die in einem integrierten Prozess zusammenarbeiten müssen, um ein optimales Planungsergebnis zu erreichen. Werden Massnahmen nicht rechtzeitig angegangen, können auftretende Probleme unter Umständen kurzfristig nicht mehr gelöst werden. Zum Beispiel ist es angesichts des aktuellen Fachkräftemangels denkbar, dass es Monate oder gar Jahre dauert, das bestehende Team zu erweitern. Eine ähnliche Knappheit besteht bei Werkzeugen, Ersatzteilen und externen Dienstleistern.

Erfolgsfaktoren: Integration und Aktualisierung

Um vor diesem Hintergrund eine Planung zu realisieren, die wirklich dabei hilft, eine effektive und effiziente Instandhaltung sicherzustellen, kommt es auf eine tiefe Integration an. Mit Integration ist in diesem Zusammenhang gemeint, auch die Planungen aus anderen Fachbereichen miteinzubeziehen, die sich auf die Instandhaltung auswirken beziehungsweise auf die sich die Instandhaltung auswirkt. Im Wesentlichen sind das:

  • Personalplanung: Daten zur Kapazität, Abwesenheit oder dem Ausscheiden von Mitarbeitenden sollten vom Personalwesen an die Instandhaltung übermittelt werden. Andersherum sollte die Instandhaltung Daten zum Personalbedarf (Volumen und Qualifikationen) an die HR-Abteilung kommunizieren.
  • Produktionsplanung/Planung Asset-Portfolio: Aus der Produktion sollten Daten zur Planung des Anlagen-Portfolios an die Instandhaltung übermittelt werden, damit künftige Bedarfe ermittelt werden können. Ausserdem sollten der Einsatz der Anlagen sowie die geplanten Stillstandzeiten abgestimmt werden.
  • Beschaffungsplanung: Daten zu Lieferanten und den mit ihnen vereinbarten Konditionen sollten der Instandhaltung zur Verfügung gestellt werden, damit frühzeitig bekannt ist, unter welchen Bedingungen Bestellungen erfolgen müssen. Andersherum sollte die Instandhaltung den Materialbedarf und Bedarf an externen Dienstleistern an die Beschaffung übermitteln, um sicherzustellen, dass entsprechende Lieferanten gesourct werden.
  • Finanzplanung: Die Daten aus der Instandhaltungsplanung können in die Finanzplanung einfliessen und der Budgetierung dienen. Andersherum kann aus der Finanzplanung ein Budget abgeleitet werden, das den Rahmen für die Instandhaltungsplanung vorgibt.

Neben der Vernetzung der verschiedenen Planungen ist eine regelmässige Aktualisierung der Daten wichtig. Das gilt besonders in einer Zeit, in der sich Situationen so schnell ändern. Zu beobachten ist das gerade vor allem bei den Lieferketten. Selbst vergleichsweise simple Produkte sind momentan nicht immer zu bekommen, da einzelne Vorprodukte fehlen. Oder die erforderlichen Werkzeuge oder Ersatzteile kosten auf einmal deutlich mehr.

Keine Chance mit Excel

Allein mit Microsoft Excel lässt sich eine integrierte Instandhaltungsplanung nicht realisieren. Stattdessen sollten dezidierte und integrierte Anwendung zum Einsatz kommen. Dabei geht es zum einen um die Systeme, in denen die erforderlichen Stammdaten (beispielsweise Equipments, Wartungspläne und Arbeitspläne) und transaktionalen Daten (zum Beispiel Aufträge und Rückmeldungen) vorgehalten werden. In einem SAP-Umfeld ist das im Wesentlichen SAP S/4HANA (oder SAP ERP). Zum anderen sind Anwendungen erforderlich, mit denen sich ausgehend von den vorhandenen Daten Planungen durchführen lassen. Das ist zum Teil mit SAP S/4HANA möglich. Das umfasst insbesondere die kurzfristige Planung mit SAP S/4HANA Asset Management for Resource Scheduling (RSH) und SAP Material Requirement Planning (MRP). Darüber hinaus bietet SAP mit SAP Integrated Business Planning (SAP IBP) eine cloudbasierte Anwendung, mit der sich sämtliche Aspekte entlang der Supply Chain planen lassen. Speziell für die Instandhaltungsplanung steht SAP Integrated Business Planning for Maintenance, Repair and Operations (MRO) zur Verfügung. Das Tool liest die Stammdaten und transaktionalen Daten über eine Schnittstelle aus SAP S/4HANA und ermittelt in einem ersten Schritt die Bedarfe. Dabei hängt das Vorgehen im einzelnen Fall von der Instandhaltungsstrategie ab:

  • Die präventive Instandhaltung besteht aus zyklisch wiederkehrenden Massnahmen. Die Bedarfe lassen sich daher leicht aus den Wartungsplänen und Arbeitsplänen ableiten.
  • Für die korrektive Instandhaltung müssen Vorhersagen auf Basis von transaktionalen Daten aus der Vergangenheit getroffen werden. Die Bedarfe ergeben sich aus den angenommenen Vorfällen.
  • Immer wichtiger im Mix der Instandhaltungsstrategien werden die zustandsbasierte und die vorausschauende Instandhaltung – ermöglicht beispielsweise durch neue digitale Komponenten und die Anbindung von Sensoren. In diesen Fällen kann der aktuelle Zustand beziehungsweise Prognosen des zukünftigen Zustands genutzt werden, um Bedarfe zu ermitteln.
  • Sonderfälle sind Projekte zur Erneuerung, Verbesserung oder Erweiterung der Assets sowie des Kundenservices. Bei Projekten sind die Bedarfe aus der individuellen Projektplanung der Input für die Ressourcenplanung, beim Kundenservice sind es die getroffenen Supportvereinbarungen und die Vertriebsplanung.

Die berechneten Werte werden überprüft und mit den verfügbaren Ressourcen in Beziehung gesetzt, um so konkrete Massnahmen zu planen. Dabei ist ein iteratives Vorgehen üblich, bei dem korrigiert und ergänzt wird, bis der Plan final abgestimmt ist. Auch weitergehende Funktionen wie eine Bestandsoptimierung sind möglich. Dabei arbeiten die User mit einem Web- oder Excel-Frontend.

Ergänzend dazu stellt die SAP Analytics Cloud (SAC) Funktionen für die finanzielle Planung bereit. So können die Ergebnisse der Instandhaltungsplanung in SAP IBP MRO in die SAC überführt werden, um die verfügbaren Budgets unternehmensübergreifend abzustimmen.

Für einen vollständigen Planungszyklus kann schliesslich der Soll-Ist-Abgleich erfolgen, der in der Regel entweder in SAP IBP oder in der SAC durchgeführt wird. Basis hierfür sind die Soll-Daten aus SAP IBP beziehungsweise der SAC sowie die in SAP S/4HANA vorgehaltenen Ist-Daten.